P a u l a
Komm, wir singen ein Lied vom Mai, sag ich. Oh ja! rufst du, haust in die Tasten und singst: „Frau Meier, Frau Meier, hat gelbe Unterhosen an!“ Ich lache, singe mit dir und kapiere wieder einmal, dass ich keine Ahnung davon hab, wohin deine Gedanken fliegen. Manchmal erzählst du mir davon, wenn wir verträumt vor uns hin klimpern am Klavier. Im Singsang deiner Stimme erzählst du mir von Blättern im Wind, Sonnenschein und bunten Blumenwiesen, von Schmetterlingen, Schildkröten und Backhendlsalat, davon, dass du bald Geburtstag hast… und schon singst du dir selbst ein Geburtstagslied.
Manchmal schleicht sich der Rhythmus deiner Sauerstoffflasche in unsere Musik, fast so, als würde da noch jemand mit-atmen. Ich höre genau hin, weil ich sicher gehen will, dass alles funktioniert. Das ist lebenswichtig.
Aber wir zwei da am Klavier, wir funktionieren nicht. Wir spielen. Immer wieder gelingt uns das. Dann sprudeln Melodien, Worte und Ideen! Dann sind wir lebendig und kerngesund! Ich bin so froh, dass dieses Klavier jetzt in deinem Zimmer steht. Es lässt mich ein wenig vergessen, was dieses Haus ist, in dem ich dich jede Woche besuche. Du sagst „Zuhause“, ich denke „Institution“ und möchte mich am liebsten direkt an dein Klavier beamen, ohne sie betreten zu müssen.