We shall overcome
We shall overcome
(Nachklang zum Abendgebet nach dem Amoklauf an Grazer Schule, 10.6.2025)
Overcome. Keine Ahnung, wie das geht. Keine Worte zum Finden. Macht Suchen denn Sinn?
Da-Sein macht Sinn, das hab ich gespürt. Unter Menschen, die da sind für einander. Oder für sich selbst im Miteinander. Vermutlich ist es immer beides. Verhaltene Blicke, Stille, vielleicht ein Gruß. Umarmungen vielleicht. Und dann die Erwartung, dass jemand alles wegzaubert.
Das erste Lied aus der Tasche ziehen, zitternd die ersten Töne suchen, verfehlen, egal. Ich halte mich an der Gitarre fest, da fliegen die Töne zu mir. Ich bin nicht allein. So wächst das Lied, wird Klang. Spürbar im Raum.
Heute kann ich ihn nicht fassen. Finde in Gesichtern keine Resonanz. Kein Ja, kein Nein, kein Garnichts. Und doch bist du da. Um mich selbst zu halten schaue ich in Noten, sehe F#, Bb ###bbb+**?&???? Kaum kann ich noch den Sinn erfassen und doch hält mich die Melodie. Sie fliegt mir zu von meinem Du, immer wieder. Ich bin nicht allein.
Einmal versuche ich, Worte zu sprechen. Raus aus meinem Mund. Raus aus meinem wirren Kopf. Will erklären, warum mein Dach nicht mein Haus ist, sondern mein Verstand. Im wirren Kopf. Es gelingt mir nicht. Ich singe trotzdem: Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort und meine Seele wird gesund. Meine Seele wird gesund.
Ich singe. Du singst. Wir singen. Plötzlich stehen wir um den Altar. Halten Hände. Halten uns. Und du bist da. Mit warmen Strahlen blendest du meinen Blick. Ich spüre dich. Sehe alles nur in deinem Licht. In deinem Licht. In deinem Licht.
Es bleibt in mir, als wir wieder singen. In einer anderen Sprache. Einem anderen Gefühl. Ich kann die Gitarre wieder spüren. Und sie wird lauter, kräftiger. Plötzlich geht es mir nicht mehr um heute. Plötzlich wird die Welt weit und ich spüre, ich bin Teil davon. Teil einer hellen Welt.
Der letzte Akkord verklingt. Die Kirche wird leer. Ich sitze allein in der ersten Bank und weine. Ich weine die Tränen, die alle hier gelassen haben, als sie gegangen sind. Ich weine die Tränen, die ich hier lassen will. Ich weine mein Glück. Mein Glück, hier zu sein. In diesem Licht.
We shall overcome.