Weltgeschehen
Es gibt keine schönen Worte für diese Ärsche. Keine Poesie, keine Prosa sind sie wert. Wie soll ich schreiben über das, was ich empfinde, wenn ich sehe, was passiert? „Politisch“ heißt es. Worte wie Rechtspopulismus, Nationalismus, Ausländerhass… ich mag sie gar nicht aufschreiben. Als würde ich mich an meinen Mitmenschen vergehen, wenn ich das schreibe. Selbst wenn ich klar dagegen bin. So fühle ich mich. Verraten und umgeben von Idioten. Wie kann man nur? Das hallt durch meinen Kopf, sticht wie ein Speer in meinen Magen. W i e k a n n m a n n u r ? Nach der Geschichte, die hinter uns liegt?
Irgendwie dachte ich, es wäre „uns allen“ klar, dass wir das nicht mehr wollen. Dass das gar kein Thema mehr sein sollte, überhaupt darüber nachzudenken. Ich dachte echt, wir gehen vorwärts in eine Zukunft der Vielfalt und Fülle. Bunt, voller Lebendigkeit und mit einem wachsenden Verständnis dafür, was es braucht, um gemeinsam friedlich leben zu können.
So alt bin ich noch nicht, aber ich erinnere mich an Zeiten, da gab es hohe Mauern, Stacheldraht, Grenzkontrollen, Überwachung und Unmengen von Verboten. Als ich zur Schule ging, war es gerade schon „Geschichte“, dass die Mauer fiel und die Freiheit gewonnen hatte. Na gut, manche Freiheiten hinkten hinterher und kamen erst lange nach meiner Schulzeit. Das Recht, eine Frau zu heiraten und Kinder zu haben kam spät, aber immerhin. Jetzt ist es geschafft, dachte ich. Jetzt kann ich noch ein bisschen für die Rechte anderer Minderheiten kämpfen. Dachte ich.
Jetzt steht plötzlich wieder alles in Frage. Und es betrifft doch wieder mal mich, ganz persönlich. Und ich finde keine Worte. Nur die Farbe Blau will ich mir behalten für Himmel, Meer und Heidelbeeren. Nicht für Ärsche.